SAP-Daten im Vertriebs-Cockpit: Wie Du mit Zoho Analytics und CRM Deine Kennzahlen meisterst
In vielen Unternehmen ist ein ERP-System wie SAP das Herzstück der Auftrags- und Finanzdaten. Doch wenn es um flexible, schnelle und motivierende Auswertungen für den Vertrieb geht, stoßen diese Systeme oft an ihre Grenzen. Die Daten sind da, aber sie in die richtige Form für Sales-Rankings, Provisionsabrechnungen oder Management-Dashboards zu bringen, ist eine Herausforderung. Besonders knifflig wird es, wenn manuelle Prozesse oder Sonderfälle wie Händlergeschäfte ins Spiel kommen, die im ERP gar nicht abgebildet sind. Dieser Artikel zeigt Dir, wie Du Zoho als intelligente Schicht über Dein bestehendes ERP-System legen kannst, um Datenintegrität zu sichern, Kennzahlen korrekt zu berechnen und Deinem Team die Transparenz zu geben, die es für Spitzenleistungen braucht.
Die Herausforderung: Saubere Vertriebsdaten aus einem externen ERP
Stell Dir ein Unternehmen vor, das hochwertige Konsumgüter vertreibt. Jeder Auftrag wird akribisch in SAP erfasst. Der Vertrieb wird über ein Provisionsmodell und monatliche Wettbewerbe („Sales Races“) motiviert. Die Datenbasis dafür kommt direkt aus SAP und wird via API – oft über den Austausch von XML-Dateien – an Zoho CRM übertragen. Dort sollen sie in Dashboards visualisiert werden. In der Praxis tauchen jedoch typische Probleme auf:
- Unvollständige Daten: Aufträge, die über Händler abgewickelt werden, laufen nicht über das zentrale SAP und fehlen daher in der Auswertung.
- Verzerrte KPIs: Eine simple Berechnung des Durchschnittsrabatts (z.B. arithmetisches Mittel) verfälscht die Realität, wenn ein günstiges Zubehörteil mit 0% Rabatt genauso gewichtet wird wie ein teures Hauptprodukt mit 15% Rabatt.
- Rückwirkende Änderungen: Eine Auftragsänderung in SAP, die Monate später erfolgt, kann ein bereits abgeschlossenes und abgerechnetes Monatsranking nachträglich verändern. Das schafft Unsicherheit und Misstrauen.
- Fehlende Kennzahlen: Das Management möchte nicht nur den Umsatz, sondern auch den Rohertrag pro Verkäufer sehen, um die Profitabilität zu steuern. Diese Daten sind in SAP zwar vorhanden, aber nicht einfach in einem Vertriebs-Dashboard nutzbar.
Ziel ist es, ein System zu schaffen, das diese Herausforderungen löst, indem es die Stärken von SAP (Datenhaltung) und Zoho (Flexibilität, Analyse, Automatisierung) kombiniert.
Schritt-für-Schritt zur Lösung: Dein Vertriebs-Cockpit mit Zoho und SAP
Die Lösung besteht darin, Zoho CRM als zentrale Sammelstelle für alle provisionsrelevanten Daten zu nutzen und Zoho Analytics für die intelligente Auswertung und Visualisierung einzusetzen. Hier ist der Weg dorthin.
Schritt 1: Datenbasis in Zoho CRM schaffen
Zuerst stellst Du sicher, dass die Daten aus Deinem ERP-System zuverlässig in Zoho ankommen. Meist geschieht dies über einen nächtlichen oder stündlichen API-Sync. Ein serverseitiges Skript exportiert neue oder geänderte Aufträge aus SAP als XML-Dateien und sendet sie an die Zoho CRM API, um dort Datensätze in einem benutzerdefinierten Modul (z.B. „SAP Aufträge“) zu erstellen oder zu aktualisieren.
Ein typischer API-Aufruf mit Deluge, um einen solchen Datensatz in Zoho CRM anzulegen, könnte so aussehen:
// Annahme: 'sapOrderData' ist ein Map-Objekt mit den Daten aus der XML-Datei
sapOrderMap = Map();
sapOrderMap.put("Name", sapOrderData.get("Auftragsnummer"));
sapOrderMap.put("Auftragswert_Netto", sapOrderData.get("Umsatz"));
sapOrderMap.put("Rabatt_Prozent", sapOrderData.get("Rabatt_Prozent"));
sapOrderMap.put("Rabatt_Absolut", sapOrderData.get("Rabatt_Euro"));
sapOrderMap.put("Rohertrag_Absolut", sapOrderData.get("Bruttogewinn_Euro"));
sapOrderMap.put("Auftragsdatum", sapOrderData.get("Datum").toDate());
sapOrderMap.put("Verkaeufer_ID", sapOrderData.get("Verkaeufer_ID"));
sapOrderMap.put("Datenquelle", "SAP_API");
// API-Aufruf zum Erstellen des Datensatzes im Modul "SAP_Auftraege"
createResponse = zoho.crm.createRecord("SAP_Auftraege", sapOrderMap);
info createResponse;
Wichtig ist hier das Feld „Datenquelle“. Es hilft uns später, zwischen automatisch importierten und manuell erfassten Daten zu unterscheiden.
Schritt 2: Manuelle Aufträge mit Zoho Creator erfassen
Um die Händleraufträge zu erfassen, die nicht in SAP existieren, baust Du eine einfache Eingabemaske mit Zoho Creator. Diese App ist perfekt für schnelle, prozessorientierte Formulare.
Dein Creator-Formular enthält nur die für die Provision relevanten Felder: Verkäufer, Kunde, Auftragsdatum, Umsatz und Rabatt. Der entscheidende Teil ist das „On Add -> On Success“-Skript in Deluge, das nach dem Speichern des Formulars ausgeführt wird.
Dieses Skript nimmt die eingegebenen Daten und legt damit, genau wie der SAP-Import, einen Datensatz im „SAP Aufträge“-Modul in Zoho CRM an. Der einzige Unterschied: die Datenquelle.
// Deluge-Skript im "On Success"-Workflow des Zoho Creator Formulars
// 'input' ist die Variable, die alle Formulardaten enthält
// Map für den CRM-Datensatz vorbereiten
manualOrderMap = Map();
manualOrderMap.put("Name", "Händlerauftrag - " + input.Kundenname);
manualOrderMap.put("Auftragswert_Netto", input.Umsatz);
manualOrderMap.put("Rabatt_Absolut", input.Rabatt_in_Euro);
manualOrderMap.put("Auftragsdatum", input.Auftragsdatum.toDate());
manualOrderMap.put("Verkaeufer_ID", input.Verkaeufer.ID); // Annahme: Verkäufer wird aus CRM-Usern ausgewählt
manualOrderMap.put("Datenquelle", "Manual_Creator"); // Wichtiger Indikator!
// Datensatz in Zoho CRM erstellen
createResponse = zoho.crm.createRecord("SAP_Auftraege", manualOrderMap);
info createResponse;
Damit hast Du eine saubere Lösung: Dein SAP-System bleibt unangetastet, aber Deine Datenbasis in Zoho ist vollständig.
Schritt 3: Kennzahlen korrekt berechnen in Zoho Analytics
Jetzt synchronisierst Du das Modul „SAP Aufträge“ aus Zoho CRM mit Zoho Analytics. Hier findet die eigentliche Magie statt. In Analytics kannst Du sogenannte „Formelfelder“ erstellen, um komplexe KPIs zu berechnen.
Problem: Gewichteter Durchschnittsrabatt
Anstatt eines simplen Durchschnitts berechnest Du den gewichteten Rabatt. Die Formel dafür erstellst Du direkt in Zoho Analytics als „Aggregierte Formel“ in einem Bericht:
/*
Aggregierte Formel in Zoho Analytics zur Berechnung des gewichteten Rabatts
Angenommen, die Tabelle heißt "SAP_Auftraege"
*/
(Sum("SAP_Auftraege"."Rabatt_Absolut") / Sum("SAP_Auftraege"."Auftragswert_Netto")) * 100
Diese Formel teilt die Summe aller Rabatte in Euro durch die Summe aller Umsätze und liefert so einen betriebswirtschaftlich korrekten, gewichteten Durchschnittsrabatt pro Verkäufer, pro Team oder für das ganze Unternehmen.
Problem: Rohertrag integrieren
Da Du den Rohertrag (Bruttogewinn in Euro) bereits aus SAP in Dein CRM-Modul übernommen hast, steht er Dir auch in Zoho Analytics zur Verfügung. Es ist entscheidend, den absoluten Wert zu verwenden, da prozentuale Werte aus ERP-Systemen manchmal auf unterschiedlichen Basen berechnet und daher irreführend sein können. In Deinem Manager-Dashboard kannst Du nun einfach eine neue Kennzahl erstellen, die den `Sum(„Rohertrag_Absolut“)` pro Verkäufer anzeigt.
Schritt 4: Datenintegrität durch Stichtags-Snapshots sicherstellen
Um rückwirkende Änderungen zu verhindern, etablierst Du eine Stichtagsregelung. Die Abrechnung für einen Monat wird immer an einem festen Tag des Folgemonats (z.B. am 5.) finalisiert.
In Zoho Analytics kannst Du diesen Prozess automatisieren:
- Erstelle eine neue, leere Tabelle, z.B. „Archiv_Sales_Races“. Die Spalten müssen mit Deiner Haupt-Auftragstabelle übereinstimmen (Monat, Jahr, Verkäufer_ID, Umsatz, Rohertrag etc.).
- Erstelle eine „Query Table“ (Abfragetabelle), die die Monatsdaten so aggregiert, wie Du sie für das Ranking benötigst (z.B. Summe des Umsatzes pro Verkäufer für den Vormonat).
- Richte einen „Schedule“ (Zeitplan) in Zoho Flow oder direkt in Analytics (falls verfügbar) ein, der am 5. jedes Monats Folgendes tut: Er führt die Query Table aus und fügt das Ergebnis in die Tabelle „Archiv_Sales_Races“ ein.
Deine Dashboards für abgeschlossene Perioden basieren dann auf dieser statischen Archiv-Tabelle. Live-Änderungen in SAP beeinflussen nur noch den aktuellen, offenen Monat, aber niemals die Vergangenheit. Alternativ kannst Du auch einen Workflow einrichten, der das finale Dashboard als PDF exportiert und in Zoho WorkDrive ablegt.
Tipps und Best Practices
- Transparenz schaffen, aber kontrolliert: Gib Deinen Vertriebsmitarbeitern Zugriff auf ein Dashboard in Zoho Analytics, das über Benutzerfilter nur ihre eigenen Daten anzeigt. So kann jeder seine Zahlen nachvollziehen, ohne dass es zu „Unruhe“ durch den Vergleich mit Kollegen kommt. Ein direkter Zugriff auf alle Rohdaten in CRM ist oft nicht notwendig.
- Umgang mit Stornierungen: Stelle sicher, dass der Storno-Status aus SAP korrekt in Zoho verarbeitet wird. Ein stornierter Auftrag sollte entweder gelöscht oder (besser) mit einem Status-Flag versehen werden, damit er aus den aktiven Auswertungen herausgefiltert wird. Prüfe dies anhand konkreter Beispiele. Ein Workaround, Händleraufträge als „Pseudo-Stornos“ in SAP anzulegen, ist nicht zu empfehlen, da es die Datenintegrität im ERP gefährdet.
- Webhook vs. Batch-API: Wenn Dein ERP-System es unterstützt, sind Webhooks eine modernere Alternative zum nächtlichen XML-Austausch. Ein Webhook würde eine Auftragsänderung in SAP sofort an die Zoho API melden. Das ermöglicht Echtzeit-Dashboards, erfordert aber eine robustere Fehlerbehandlung.
- Skalierbarkeit im Blick behalten: Beginne mit den wichtigsten KPIs (Umsatz, Rabatt, Rohertrag). Sobald das System steht, kannst Du es leicht um weitere Kennzahlen erweitern, z.B. Stückzahlen, Marge pro Produktkategorie oder Verkaufszyklen, die Du mit Daten aus Zoho CRM anreicherst.
Fazit: Die Macht der kombinierten Daten
Die Integration von SAP-Daten in das Zoho-Ökosystem ist mehr als nur eine technische Spielerei. Du schaffst eine einzige, verlässliche Wahrheit („Single Source of Truth“) für Dein Vertriebscontrolling. Durch die geschickte Kombination von Zoho CRM als Datenaggregator, Zoho Creator für manuelle Prozesse und Zoho Analytics als leistungsstarke BI-Engine löst Du fundamentale Probleme der Datenqualität und -aktualität. Das Ergebnis ist nicht nur ein schickes Dashboard, sondern ein System, das Vertrauen schafft, die Motivation im Team steigert und dem Management die nötigen Einblicke für strategische Entscheidungen liefert. Du verwandelst rohe ERP-Daten in wertvolles, handlungsorientiertes Wissen.
Verwendete Zoho Apps in diesem Szenario:
- Zoho CRM: Als zentraler Hub für alle Auftragsdaten aus SAP und manuellen Quellen.
- Zoho Analytics: Für die Erstellung von Dashboards, die Berechnung komplexer KPIs und das Daten-Snapshotting.
- Zoho Creator: Zur schnellen Erstellung einer Eingabemaske für Händleraufträge.
- Zoho WorkDrive: Als optionaler Speicherort für archivierte PDF-Berichte.