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Zoho CRM, Creator & Analytics integrieren: Multi-Level-Vertriebsmanagement Tutorial

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Skalierbare Vertriebsstrukturen mit Zoho abbilden: Ein Praxisbeispiel für Multi-Level-Organisationen

In einer zunehmend vernetzten Geschäftswelt stehen viele Unternehmen, insbesondere solche mit externen Vertriebspartnern, Handelsvertretern oder Franchise-Strukturen, vor einer gemeinsamen Herausforderung: Wie bildet man eine komplexe, mehrstufige Vertriebshierarchie digital ab? Es geht darum, Transparenz für Führungskräfte zu schaffen, ohne die Datensicherheit zu gefährden. Jeder Teamleiter soll die Leistung seiner untergeordneten Ebenen einsehen können, aber nicht die Daten anderer Teams. Gleichzeitig müssen bestehende Insellösungen angebunden und Prozesse durchgängig automatisiert werden. In diesem Artikel zeigen wir dir praxisnah, wie du mit dem Zoho-Ökosystem – insbesondere durch die geschickte Kombination von Zoho CRM, Zoho Creator und Zoho Analytics – eine solche anspruchsvolle Anforderung lösen und dabei sogar externe Tools wie Airtable oder KI-Dienste wie Azure OpenAI integrieren kannst.

Das Praxis-Szenario: Vertrieb im Multi-Level-Modell

Stell dir ein schnell wachsendes Unternehmen im Sektor der erneuerbaren Energien vor. Der Vertrieb erfolgt nicht über festangestellte Mitarbeiter, sondern über ein Netzwerk von hunderten unabhängigen Vertriebsberatern. Diese sind in einer Multi-Level-Marketing (MLM)-Struktur organisiert, die bis zu sechs oder mehr Ebenen tief sein kann. Ein Regionalleiter hat mehrere Teamleiter unter sich, die wiederum ihre eigenen Teams von Beratern führen.

Die zentralen Herausforderungen sind:

  • Hierarchische Sichtbarkeit: Ein Manager auf Ebene 2 muss die aggregierten KPIs (z.B. Anzahl der Deals, Umsatz) und die Detaildaten aller Berater auf den Ebenen 3, 4, 5 und 6 unter sich sehen können.
  • Datenkapselung: Gleichzeitig darf dieser Manager keine Daten von Kollegen auf der gleichen Ebene oder aus anderen Vertriebslinien einsehen.
  • Hohe Fluktuation: Besonders auf den unteren Ebenen gibt es eine hohe Fluktuation. Das On- und Offboarding von Nutzern muss hocheffizient und sicher sein.
  • Tool-Fragmentierung: Aktuell werden Leads über Typeform erfasst, Angebote und Projekte in Airtable verwaltet und die Kommunikation läuft über unstrukturierte E-Mail-Postfächer.
  • Zukunftsvision: Das gesamte System soll langfristig als White-Label-Lösung („Business in a Box“) an Partnerfirmen (z.B. lokale Installateure) lizenziert werden können.

Die Lösungsarchitektur: Der Tech-Stack im Detail

Um diese Komplexität zu beherrschen, setzen wir auf eine „Buy vs. Build“-Strategie. Standardprozesse werden mit Zoho-Standard-Apps („Buy“) abgedeckt, während die einzigartige Geschäftslogik und die Benutzeroberfläche für Partner individuell entwickelt („Build“) werden. Das Fundament bildet Zoho One, da es eine zentrale Datenbasis und Nutzerverwaltung in einer DSGVO-konformen EU-Region ermöglicht.

  • Zentrale Datenbank: Zoho CRM dient als „Single Source of Truth“ für alle Stammdaten: Kontakte, Unternehmen, Leads und Verkaufschancen (Deals).
  • Flexibles Frontend: Für die externen Vertriebsberater wird ein Portal mit Zoho Creator gebaut. Dies ermöglicht eine maßgeschneiderte Benutzeroberfläche, die genau auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten ist und später leicht als White-Label-Produkt angepasst werden kann.
  • Business Intelligence: Zoho Analytics wird als zentrales BI-Tool etabliert. Es visualisiert nicht nur die Daten aus dem CRM, sondern kann über Zoho DataPrep auch Daten aus externen Quellen wie dem bestehenden Airtable (z.B. für Provisionsabrechnungen) importieren und konsolidieren.
  • Prozessautomatisierung: Zoho Flow dient als Klebstoff, um Webhooks von externen Systemen zu empfangen oder Aktionen zwischen verschiedenen Zoho-Apps zu orchestrieren.
  • Datenerfassung: Typeform wird schrittweise durch Zoho Forms ersetzt. Der Vorteil: Zoho Forms können Daten aus dem CRM vor-ausfüllen und ermöglichen es dem Nutzer, eine einmal begonnene Eingabe zu unterbrechen und später fortzusetzen, ohne alles neu eingeben zu müssen.

Schritt-für-Schritt: Die Hierarchie und den Prozess umsetzen

Sehen wir uns nun an, wie die Kernanforderungen technisch umgesetzt werden können.

1. Das Datenmodell für die Hierarchie in Zoho CRM

Das Herzstück der Lösung ist die korrekte Abbildung der MLM-Struktur. Dies lässt sich elegant mit einem benutzerdefinierten Modul in Zoho CRM (oder direkt in Zoho Creator) lösen. Nennen wir dieses Modul „Vertriebspartner“.

In diesem Modul erstellst du neben Feldern wie Name, E-Mail und Status ein entscheidendes Feld:

  • Feldtyp: Nachschlagefeld (Lookup)
  • Feldname: Vorgesetzter
  • Bezieht sich auf: Das Modul „Vertriebspartner“ selbst.

Durch diesen selbst-referenzierenden Lookup kannst du für jeden Vertriebspartner seinen direkten Vorgesetzten aus der gleichen Liste auswählen und so die gesamte Hierarchie abbilden.

Um nun alle untergeordneten Partner eines Managers zu finden, benötigst du eine benutzerdefinierte Funktion in Deluge. Diese Funktion kann rekursiv die Hierarchie durchlaufen und eine Liste aller IDs zurückgeben.

// Deluge Custom Function: getSubordinateIds
// Parameter: managerId (ID des Vertriebspartners, dessen Untergebene gesucht werden)
// Rückgabe: Liste mit allen IDs der untergeordneten Partner

List<string> getSubordinateIds(int managerId)
{
    // Liste zur Speicherung aller gefundenen IDs initialisieren
    allSubordinateIds = List<string>();
    
    // Liste für die aktuelle Ebene der zu prüfenden Manager
    managersToCheck = {managerId.toString()};
    
    // Schleife, solange es noch Manager gibt, deren Untergebene wir prüfen müssen
    while(!managersToCheck.isEmpty())
    {
        // IDs der direkten Untergebenen der aktuellen Manager-Ebene abrufen
        criteria = "(Vorgesetzter:equals:" + managersToCheck.join(" OR Vorgesetzter:equals:") + ")";
        response = zoho.crm.searchRecords("Vertriebspartner", criteria);
        
        // Liste für die IDs der nächsten Ebene vorbereiten
        nextLevelManagerIds = List<string>();
        
        // Über die gefundenen Untergebenen iterieren
        for each  record in response
        {
            subordinateId = record.get("id");
            // ID zur Gesamtliste hinzufügen
            allSubordinateIds.add(subordinateId);
            // Diese ID für die nächste Iteration als potenziellen Manager vormerken
            nextLevelManagerIds.add(subordinateId);
        }
        
        // Die nächste zu prüfende Ebene sind die gerade gefundenen Untergebenen
        managersToCheck = nextLevelManagerIds;
    }
    
    // Die vollständige Liste zurückgeben
    return allSubordinateIds;
}

Mit dieser Funktion kannst du im Creator Portal die Ansichten dynamisch filtern. Wenn sich ein Manager anmeldet, rufst du die Funktion mit seiner ID auf und zeigst ihm nur die Deals, Kontakte und Leads an, deren Eigentümer in der zurückgegebenen ID-Liste enthalten sind.

2. Leads erfassen und intelligent zuweisen

Neue Leads kommen über verschiedene Kanäle ins System, z.B. über Web-Formulare auf der Webseite oder durch manuelle Anlage. Die Herausforderung ist die automatische Zuweisung an den richtigen Vertriebspartner basierend auf komplexen Regeln (PLZ, Verfügbarkeit, Auslastung, Performance).

Eine Standard-Zuweisungsregel im CRM stößt hier an ihre Grenzen. Eine flexiblere Lösung ist ein Webhook, der durch einen neuen Lead-Eintrag ausgelöst wird:

  1. Ein neuer Lead wird in Zoho CRM erstellt.
  2. Ein Workflow löst einen Webhook aus, der die Lead-Daten an eine Funktion in Zoho Catalyst oder einen externen Microservice (z.B. auf Azure) sendet.
  3. Diese Funktion enthält die komplexe Geschäftslogik zur Auswahl des besten Partners. Sie könnte sogar eine KI wie Azure OpenAI abfragen, um eine optimale Entscheidung zu treffen.
  4. Die Funktion gibt die ID des ausgewählten Vertriebspartners zurück.
  5. Ein weiterer API-Aufruf aktualisiert das Feld „Eigentümer“ des Leads in Zoho CRM.

Ein JSON-Payload für einen solchen Webhook könnte so aussehen:

{
  "lead_id": "12345678901234567",
  "last_name": "Mustermann",
  "postal_code": "80331",
  "product_interest": "Solaranlage mit Speicher",
  "source": "Meta Ads"
}

3. Der Sales Funnel im Creator Portal

Der Vertriebspartner arbeitet nicht direkt im CRM, sondern im übersichtlichen Creator Portal. Dort sieht er seine Leads und Verkaufschancen in einer Kanban-Ansicht.

  • Angebotserstellung: Statt eines externen Tools wird ein Formular in Zoho Creator verwendet. Dieses ist direkt mit der Verkaufschance verknüpft, kann Daten vorbefüllen und ermöglicht eine einfache Bearbeitung.
  • Genehmigungen: Nach der Unterschrift des Kunden startet ein interner Genehmigungsprozess. Dieser kann in Zoho Creator oder über die Blueprint-Funktion in Zoho CRM abgebildet werden. So wird sichergestellt, dass jeder Auftrag vor der Weitergabe an die Projektabteilung technisch und kaufmännisch geprüft wird. Zur rechtssicheren Unterschrift kann Zoho Sign integriert werden.
  • Finanzierungspartner-Integration: Für finanzierte Projekte kann eine API-Schnittstelle zum Finanzierungspartner geschaffen werden. Im Creator Portal könnte ein iFrame oder ein Button einen Pre-Approval-Prozess direkt anstoßen und den Status an Zoho zurückmelden.

Tipps und Best Practices

  • Datenqualität sichern: Der Erfolg des gesamten Prozesses hängt von der Qualität der erfassten Daten ab. Nutze Validierungsregeln, Pflichtfelder und bedingte Logik in deinen Zoho Forms und im CRM, um die Nutzer zur Eingabe korrekter und vollständiger Informationen anzuleiten.
  • Skalierbares User Management: Bei hoher Fluktuation ist ein zentrales User Management entscheidend. Nutze Zoho Directory, um Benutzer zentral zu verwalten und ihnen Zugriff auf die benötigten Applikationen (CRM, Creator Portal) zu geben. Das Deaktivieren eines Nutzers an einer Stelle entzieht ihm sofort alle Zugriffsrechte.
  • Sicherheit an erster Stelle: Definiere klare Rollen und Profile in Zoho CRM und im Creator Portal. Die oben gezeigte Deluge-Funktion ist der Schlüssel zur dynamischen Durchsetzung der Datenzugriffsrechte basierend auf der Hierarchie.

Zusätzliche Optimierungspotenziale

Wenn die Kernprozesse etabliert sind, bietet das Zoho-Ökosystem weitere Anknüpfungspunkte:

  • Kundenservice zentralisieren: Ein typischer „Quick Win“ ist die Einführung von Zoho Desk, um geteilte E-Mail-Postfächer abzulösen. Alle Kundenanfragen laufen in einem zentralen Ticketsystem zusammen, was die Bearbeitung transparent und messbar macht.
  • Kommunikation automatisieren: Nutze Zoho Cliq, um Vertriebspartner per Chatbot-Nachricht in Echtzeit über neue, ihnen zugewiesene Leads zu informieren.
  • Projektabwicklung integrieren: In einer späteren Phase kann die Projektverwaltung von Airtable nach Zoho Projects migriert werden. Ein gewonnener Deal im CRM kann dann automatisch ein neues Projekt mit vordefinierten Meilensteinen und Aufgaben anlegen.

Fazit

Die Abbildung einer komplexen Multi-Level-Vertriebsstruktur ist keine triviale Aufgabe, aber mit dem richtigen Ansatz und den passenden Werkzeugen absolut beherrschbar. Die Stärke von Zoho liegt hier in der Kombination aus einem robusten Standard-Backend (Zoho CRM) und einer hochflexiblen, anpassbaren Frontend-Schicht (Zoho Creator). Dieser Architekturansatz ermöglicht nicht nur die Lösung der aktuellen Herausforderungen rund um hierarchische Datenansichten, sondern schafft auch die perfekte Grundlage für zukünftige strategische Ziele wie ein White-Label-Angebot.

Indem du von Anfang an in Schnittstellen und sauberen Datenmodellen denkst, baust du ein System, das nicht nur funktioniert, sondern mit deinem Unternehmen wachsen und sich an neue Anforderungen anpassen kann.

Verwendete Zoho Apps in diesem Konzept: