Zoho im internationalen Einsatz: CRM, Books und externe APIs für Unternehmen mit mehreren Standorten
Wenn dein Unternehmen wächst und über Ländergrenzen hinweg expandiert, stößt dein bisheriges System oft an seine Grenzen. Besonders die Verwaltung rechtlich getrennter Gesellschaften, beispielsweise in Deutschland und Österreich, stellt viele vor eine Herausforderung. Wie behältst du einen einheitlichen Blick auf alle Kunden, während Buchhaltung, Steuern und Reporting sauber getrennt bleiben müssen? Viele greifen zu isolierten Insellösungen, was zu Datensilos und ineffizienten Prozessen führt. Doch das muss nicht sein. Mit dem Zoho-Ökosystem kannst du eine integrierte und skalierbare Architektur aufbauen, die sowohl zentrale Datenhaltung im CRM als auch getrennte Finanzprozesse in der Buchhaltung ermöglicht. Dieser Artikel zeigt dir einen praxiserprobten Weg, wie du diese Herausforderung meisterst.
Die Herausforderung aus der Praxis: Ein System für zwei Länder
Stell dir ein Dienstleistungsunternehmen im Payment-Sektor vor. Es hat eine GmbH in Deutschland und eine weitere in Österreich. Beide bedienen ihre jeweiligen Märkte, teilen sich aber teilweise Ressourcen wie den Support. Die zentralen Anforderungen sind klar:
- Ein zentrales Zoho CRM für alle Kunden, Kontakte und Vertriebschancen (Deals), um eine 360-Grad-Sicht zu gewährleisten.
- Eine saubere Trennung der Kundendaten nach deutscher und österreichischer Gesellschaft für Reporting und gezielte Ansprache.
- Die Möglichkeit, Angebote und Rechnungen konform zu den jeweiligen nationalen Steuergesetzen zu erstellen (z.B. 19% USt. in DE, 20% USt. in AT).
- Eine lückenlose Nachverfolgung von Vertriebspartnern (Lead-Quellen) vom ersten Kontakt bis zum Abschluss.
- Die Automatisierung der Stammdatenpflege durch Anreicherung mit offiziellen Firmendaten über eine externe API.
Die Lösung liegt nicht in einer einzelnen App, sondern in der intelligenten Verknüpfung mehrerer Zoho-Dienste und externer Schnittstellen. Lass uns das Schritt für Schritt durchgehen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Umsetzung
1. Grundlage: Saubere Datentrennung im Zoho CRM
Alles beginnt mit einer sauberen Datenstruktur. Um Kunden eindeutig der deutschen oder österreichischen Gesellschaft zuzuordnen, ist der einfachste und effektivste Weg ein benutzerdefiniertes Feld.
Umsetzung:
- Gehe in deinem Zoho CRM zu Einstellungen > Module und Felder.
- Wähle das Modul Kunden (Accounts).
- Ziehe ein neues Feld vom Typ Auswahlliste (Picklist) in dein Layout und nenne es z.B. „Gesellschaft“ oder „Rechtseinheit“.
- Füge die Optionen „DE“ und „AT“ hinzu. Du kannst eine davon als Standardwert festlegen.
Dieses eine Feld ist der Dreh- und Angelpunkt für alles Weitere. Es ermöglicht dir, benutzerdefinierte Ansichten zu erstellen (z.B. „Alle aktiven Kunden AT“), Berichte zu filtern und als Trigger für Automatisierungsregeln zu dienen. Später kannst du darauf aufbauend sogar bedingte Layouts (Conditional Layouts) erstellen, die je nach Auswahl (DE/AT) unterschiedliche Felder anzeigen.
2. Lückenlose Partnerzuordnung: Das „Globale Set“ für die Leadquelle
Ein häufiges Problem: Die Information, durch welchen Partner ein Lead generiert wurde, geht bei der Konvertierung zum Kunden verloren. Das Standardfeld „Leadquelle“ wird nicht automatisch an die Module Kunden, Kontakte und Deals übergeben. Hier kommt die Funktion der Globalen Sets ins Spiel.
Umsetzung:
- Gehe zu Einstellungen > Globale Sets.
- Erstelle ein neues globales Set mit dem Namen „Partner“ oder „Lead-Herkunft“.
- Füge hier die Namen deiner Vertriebspartner als Auswahloptionen hinzu. Der Vorteil: Diese Liste wird zentral verwaltet und kann von autorisierten Nutzern einfach erweitert werden.
- Gehe nun zu Einstellungen > Module und Felder und ersetze das Standard-Leadquellen-Feld in den Modulen Leads, Kunden, Kontakte und Deals durch dein neues globales Set.
- Zuletzt musst du die Zuordnung bei der Konvertierung sicherstellen: Gehe zu Einstellungen > Module und Felder > Leads > Lead-Konvertierungszuordnung. Ordne hier dein neues globales Feld aus dem Lead-Modul den entsprechenden Feldern in Kunden, Kontakte und Deals zu.
Damit ist sichergestellt, dass die wertvolle Information über die Herkunft eines Kunden über den gesamten Lebenszyklus erhalten bleibt und für Provisionierungen oder Partner-Reportings genutzt werden kann.
3. Architektur für die Finanzen: Zwei Zoho Books Organisationen, ein CRM
Für die Buchhaltung ist eine strikte Trennung zwingend notwendig. Die Funktion „Niederlassungen“ in Zoho Books ist hierfür ungeeignet, da sie nicht für unterschiedliche Steuersysteme und rechtliche Rahmenbedingungen ausgelegt ist. Die saubere und korrekte Lösung lautet:
Zwei separate Zoho Books Organisationen.
Dein Zoho One Account erlaubt die Erstellung mehrerer Organisationen für die Finanz-Apps. Du richtest also eine Organisation für Deutschland und eine für Österreich ein. Beide verbindest du mit demselben Zoho CRM-Konto.
Der Workflow sieht dann so aus:
- Ein Vertriebsmitarbeiter gewinnt einen Deal im CRM.
- Basierend auf dem Feld „Gesellschaft“ (DE oder AT) wird der Kunde mit der richtigen Zoho Books Organisation synchronisiert.
- Das Angebot und die spätere Rechnung werden aus dem Deal heraus direkt in der korrekten Books-Organisation (mit den richtigen Steuersätzen, Nummernkreisen und Vorlagen) erstellt.
Diese Trennung garantiert eine saubere Buchführung und korrekte steuerliche Behandlung, ohne die zentrale Sicht im CRM zu verlieren.
4. Automatisierte Datenanreicherung: Anbindung an Open Register via API
Manuelle Dateneingabe ist fehleranfällig und zeitaufwendig. Warum nicht offizielle Firmendaten direkt bei der Anlage eines neuen Kunden abfragen? Dienste wie Open Register bieten APIs, um auf Handelsregisterdaten in vielen europäischen Ländern zuzugreifen.
Mit einer Custom Function in Deluge, der Skriptsprache von Zoho, kannst du diesen Prozess automatisieren. Wenn ein neuer Kunde im CRM angelegt wird, kann ein Workflow diese Funktion auslösen.
Beispiel einer Deluge Custom Function:
Diese Funktion nimmt die ID eines Kunden-Datensatzes entgegen, holt sich den Firmennamen, fragt die Open Register API ab und schreibt die gefundenen Daten (z.B. Adresse, USt-IdNr.) zurück in den CRM-Datensatz.
// Funktion zur Anreicherung von Kundendaten über die Open Register API
// Argument: accountId - Die ID des Kundendatensatzes im CRM
void enrichAccountData(int accountId)
{
// API-Schlüssel und Endpunkt für Open Register
apiKey = "DEIN_OPEN_REGISTER_API_KEY";
endpoint = "https://api.open-register.com/v1/search";
// Kundendatensatz abrufen, um den Firmennamen zu erhalten
accountDetails = zoho.crm.getRecordById("Accounts", accountId);
companyName = accountDetails.get("Account_Name");
// Parameter für die API-Anfrage vorbereiten
params = Map();
params.put("query", companyName);
params.put("country", "DE"); // oder "AT", je nach Feld "Gesellschaft"
// API-Aufruf durchführen
headers = Map();
headers.put("Authorization", "Bearer " + apiKey);
response = invokeurl
[
url :endpoint
type :GET
parameters:params
headers:headers
];
// Prüfen, ob die Anfrage erfolgreich war und Daten vorhanden sind
if(response.get("data") != null && response.get("data").size() > 0)
{
// Wir nehmen den ersten Treffer für dieses Beispiel
companyData = response.get("data").get(0);
// Daten für das CRM-Update vorbereiten
updateMap = Map();
updateMap.put("Billing_Street", companyData.get("street"));
updateMap.put("Billing_City", companyData.get("city"));
updateMap.put("Billing_Code", companyData.get("zip_code"));
updateMap.put("VAT_Number", companyData.get("vat_id"));
updateMap.put("Website", companyData.get("website"));
// Kundendatensatz im CRM aktualisieren
updateResponse = zoho.crm.updateRecord("Accounts", accountId, updateMap);
info updateResponse;
}
}
Diese Funktion kannst du an einen Workflow knüpfen, der z.B. bei der Erstellung eines neuen Kunden ausgelöst wird. Das spart Zeit und erhöht die Datenqualität enorm.
Tipps und Best Practices
- Pragmatisch starten, komplex erweitern: Beginne mit der einfachen Lösung (benutzerdefiniertes Feld). Darauf aufbauend kannst du später komplexere Berechtigungsstrukturen über Rollen, Profile und Datenfreigaberegeln definieren. So stellst du sicher, dass ein DE-Mitarbeiter nur DE-Deals sieht, der Support aber Zugriff auf alle Tickets hat.
- API-Integrationen schlank halten: Konzentriere dich bei der Anbindung externer Dienste wie Open Register auf die 80% der häufigsten Anwendungsfälle. Versuche nicht, jede denkbare Firmenstruktur (z.B. komplexe Holdings) abzubilden. Halte den Prozess schlank und dokumentiere seltene Ausnahmen manuell. Das spart Entwicklungsaufwand und hält die Lösung wartbar.
- Vereinfache deine Prozesse: Nutze die technische Umstellung als Anlass, deine internen Abläufe zu hinterfragen. Sind alle Stufen in deiner Vertriebspipeline wirklich notwendig? Ist deine Produktstruktur logisch und für die Angebotserstellung optimiert? Weniger Komplexität bedeutet höhere Akzeptanz und Effizienz.
Zusätzliche Potenziale: Das Partnerportal mit Zoho Creator
Wenn die manuelle Verwaltung von Partnern über die Leadquelle an ihre Grenzen stößt, ist der nächste logische Schritt ein eigenes Partnerportal. Mit Zoho Creator, der Low-Code-Plattform von Zoho, kannst du eine maßgeschneiderte Web-Anwendung erstellen. Deine Partner könnten sich dort einloggen, um:
- Leads direkt ins System einzureichen.
- Den Status ihrer eingereichten Leads und Deals in Echtzeit zu verfolgen.
- Auf Marketingmaterialien zuzugreifen.
- Ihre Provisionsabrechnungen einzusehen.
Ein solches Portal ist kein fertiges Produkt, sondern wird individuell entwickelt. Es stellt aber eine enorme Professionalisierung der Partnerbetreuung dar und kann vollständig mit deinem Zoho CRM integriert werden.
Fazit: Eine Plattform, unendliche Möglichkeiten
Die Verwaltung mehrerer internationaler Gesellschaften muss kein IT-Albtraum sein. Das Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie sich das Zoho-Ökosystem als flexibles und leistungsstarkes Fundament für skalierbare Geschäftsprozesse eignet. Durch die geschickte Kombination von zentralen CRM-Daten, getrennten Buchhaltungsorganisationen und der Anreicherung durch externe APIs schaffst du eine Lösung, die mit deinem Unternehmen wächst.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Standardfunktionen clever zu nutzen und gezielt durch Automatisierungen und Custom Functions zu erweitern. So baust du ein System, das nicht nur Daten verwaltet, sondern aktiv deine Prozesse unterstützt und die Effizienz steigert.
Verwendete Zoho Apps in diesem Szenario:
- Zoho CRM: Als zentrale Schaltstelle für alle Kunden- und Vertriebsdaten.
- Zoho Books: Für die getrennte, länderspezifische Buchhaltung und Rechnungsstellung.
- Zoho Creator: Als Low-Code-Plattform für zukünftige Erweiterungen wie ein Partnerportal.