Zoho CRM, Zoho Analytics und Canvas Views Tutorial für Vertriebs-Cockpits und CRM-Akzeptanz

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Vom Datenfriedhof zum Vertriebs-Cockpit: So steigerst Du die CRM-Akzeptanz mit Zoho Analytics und Canvas Views

Du kennst das vielleicht: Ein leistungsstarkes CRM-System wie Zoho CRM wird im Unternehmen eingeführt, doch die erhoffte Revolution im Vertrieb bleibt aus. Die Akzeptanz im Team ist gering, die Datenpflege lückenhaft und das teure Werkzeug verkommt langsam zu einem digitalen Datenfriedhof. Oft liegt das nicht am Tool selbst, sondern daran, dass die Anwender – insbesondere erfahrene Vertriebsmitarbeiter – keinen direkten, täglichen Mehrwert erkennen. Die Oberfläche ist überladen, die relevanten Informationen sind schwer zu finden und das System fühlt sich mehr wie eine Kontrollinstanz als eine nützliche Hilfe an. Genau hier setzen wir an und zeigen Dir, wie Du diese Herausforderung mit einer cleveren Kombination aus Datenvisualisierung und Oberflächengestaltung meisterst.

Praxisbeispiel: Der frustrierte Vertrieb im B2B-Großhandel

Stell Dir einen etablierten Großhändler für hochwertige Naturmaterialien vor, beispielsweise seltene Hölzer. Das Kerngeschäft basiert auf langjährigen Beziehungen und tiefem Fachwissen der Vertriebsmitarbeiter. Das Unternehmen hat Zoho CRM eingeführt, um Prozesse zu strukturieren, doch in der Praxis sieht die Realität ernüchternd aus:

  • Das CRM wird als bloße Spiegelung des Warenwirtschaftssystems (ERP) wahrgenommen, ohne zusätzliche Einblicke zu liefern.
  • Vertriebler pflegen Angebote und Preise nicht im System, sondern schreiben sie formlos in E-Mails. Dadurch geht die gesamte Angebotshistorie verloren.
  • Das wertvolle Wissen über Kundenpräferenzen, Potenziale und Beziehungen – das „Interior-Wissen“ – bleibt in den Köpfen und Notizbüchern der Mitarbeiter.
  • Die Benutzeroberfläche des CRMs ist mit Dutzenden von Feldern überladen, was die tägliche Nutzung mühsam und unattraktiv macht. Die Akzeptanz tendiert gegen null.

Die zentrale Aufgabe ist es, das CRM von einem passiven Datenspeicher in ein proaktives, unverzichtbares Werkzeug für den Vertrieb zu verwandeln. Ein Werkzeug, das nicht nur Daten sammelt, sondern intelligente Antworten auf die wichtigsten Fragen des Vertriebsalltags liefert.

Schritt-für-Schritt: Vom Problem zur Lösung

Der Schlüssel zur Lösung liegt nicht darin, mehr Druck auf die Mitarbeiter auszuüben, sondern ihnen einen unbestreitbaren Mehrwert zu bieten. Wir erreichen das durch die Kombination von tiefgehenden Analysen in Zoho Analytics und einer radikal vereinfachten, auf den Nutzer zugeschnittenen Oberfläche mittels Canvas Views im CRM.

Schritt 1: Die Datenbasis schaffen mit Zoho Analytics

Bevor wir die Oberfläche verschönern, müssen wir den Wert der Daten sichtbar machen. Zoho Analytics ist das perfekte Werkzeug, um aus den rohen CRM-Daten aussagekräftige Kennzahlen (KPIs) und Visualisierungen zu erstellen.

  1. Synchronisation einrichten: Verbinde Dein Zoho CRM mit Zoho Analytics. Wähle dabei alle relevanten Module aus: Firmen (Accounts), Ansprechpartner (Contacts), Verkaufschancen (Deals/Potentials) und eventuelle Custom Modules, in denen Angebots- oder Auftragsdaten gespeichert sind.
  2. Synchronisationsfrequenz erhöhen: Stelle sicher, dass die Synchronisation in kurzen Intervallen, idealerweise stündlich, erfolgt. Nichts ist frustrierender für einen Vertriebler als Dashboards, die auf veralteten Daten basieren.
  3. Datenqualität prüfen: Nutze die Gelegenheit, um die Datenstruktur zu überprüfen. Sind Felder wie Umsatz, Menge und Datum korrekt als Zahlen- bzw. Datumsfelder formatiert? Für komplexere Bereinigungen und Transformationen vor der Analyse kann ein Tool wie Zoho DataPrep sehr hilfreich sein.

Schritt 2: Die richtigen Fragen stellen – Dashboards konzipieren

Ein Dashboard ist nur so gut wie die Fragen, die es beantwortet. Anstatt einfach nur Daten darzustellen, solltest Du Dashboards erstellen, die konkrete Handlungsanweisungen für den Vertriebsalltag liefern. Hier sind drei bewährte Dashboard-Typen:

  • Das 360°-Kunden-Dashboard: Dieses Dashboard wird für einen einzelnen Kunden aufgerufen und beantwortet Fragen wie:
    • Wie hoch ist der Gesamtumsatz und der Umsatz im laufenden Jahr/Quartal?
    • Welche Produktkategorien kauft dieser Kunde am häufigsten?
    • Wann war der letzte Kontakt und was war das Ergebnis?
    • Welche offenen Verkaufschancen gibt es?
  • Das persönliche Vertriebs-Cockpit: Jeder Vertriebsmitarbeiter erhält eine Übersicht über sein gesamtes Kundenportfolio.
    • Meine Top-10-Kunden nach Umsatz.
    • Kunden mit dem größten Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahr.
    • „Schlafende“ Kunden: Wer wurde seit mehr als 90 Tagen nicht mehr kontaktiert?
    • Pipeline-Übersicht: Welche Deals stehen kurz vor dem Abschluss?
  • Das strategische Produkt-Dashboard: Eine übergreifende Analyse für Produktmanagement und Geschäftsführung.
    • Welche Produktkategorien sind die Bestseller?
    • Gibt es regionale Trends oder Unterschiede im Kaufverhalten?
    • Wie entwickelt sich der durchschnittliche Auftragswert?

Schritt 3: Das Analytics-Dashboard direkt ins CRM einbetten

Der entscheidende Schritt für die Akzeptanz ist, diese wertvollen Einblicke dorthin zu bringen, wo der Mitarbeiter arbeitet: direkt in den Kundendatensatz im Zoho CRM. Dies gelingt über einen „Related List Widget“, der mit einem einfachen Deluge-Skript gesteuert wird.

Erstelle im CRM unter Einstellungen -> Entwicklerbereich -> Widgets ein neues Widget. Dieses Widget ruft die URL des 360°-Kunden-Dashboards aus Zoho Analytics auf und übergibt die ID des aktuellen Kundendatensatzes als Filter.

Beispiel Deluge-Skript für ein Widget:


// Deluge Custom Function für einen CRM Widget
// Ziel: Öffnet ein Zoho Analytics Dashboard, gefiltert nach der aktuellen Firma

// 1. Die ID des aktuellen Firmen-Datensatzes abrufen
accountId = account.get("id");

// 2. Die Basis-URL deines Zoho Analytics Dashboards definieren
// Diese URL erhältst du über "Veröffentlichen -> URL/Permalink erstellen" in Zoho Analytics
baseUrl = "https://analytics.zoho.eu/open-view/1234567890ABCDEF";

// 3. Den Filter-Parameter für die URL zusammenbauen
// Wir übergeben die CRM Account ID an das entsprechende Feld im Analytics-Bericht
// Der Tabellen- und Spaltenname ("Firmen" und "Firmen ID") muss exakt mit deinem Analytics-Setup übereinstimmen
filterCriteria = "?ZOHO_CRITERIA="Firmen"."Firmen ID"=" + accountId;

// 4. Die vollständige, gefilterte URL erstellen
finalUrl = baseUrl + filterCriteria;

// 5. Die URL in einem neuen Fenster öffnen. Alternativ kann sie auch in einem iFrame angezeigt werden.
openUrl(finalUrl, "new_window");

// Info-Ausgabe für Debugging-Zwecke
info "Analytics-URL für Account " + accountId + " wurde generiert: " + finalUrl;

Dieses Widget kannst Du nun als Button oder als eigenen Tab in der Detailansicht jeder Firma platzieren. Mit einem Klick erhält der Vertriebler sein maßgeschneidertes Dashboard, ohne das CRM verlassen zu müssen.

Schritt 4: Die Benutzeroberfläche revolutionieren mit Canvas View

Nachdem der Mehrwert durch Daten sichtbar ist, räumen wir die Oberfläche auf. Viele Nutzer verwechseln Layouts (die die Datenstruktur definieren) mit der visuellen Darstellung. Anstatt komplizierte, multiple Layouts zu pflegen, nutzen wir die Canvas View im Zoho CRM.

Mit dem Canvas View Builder kannst Du die Detailansicht eines Datensatzes per Drag-and-Drop komplett neu und visuell ansprechend gestalten. Verabschiede Dich von langen, unübersichtlichen Feldlisten und baue eine Ansicht, die eine Geschichte erzählt:

  • Platziere das Firmenlogo und die Kontaktdaten des Hauptansprechpartners prominent.
  • Integriere die wichtigsten KPIs (z.B. Jahresumsatz, letzter Kontakt) als große, gut lesbare Zahlen direkt aus den CRM-Feldern.
  • Füge Buttons hinzu, die direkt auf das Zoho Analytics-Dashboard oder andere wichtige Funktionen verlinken.
  • Stelle verknüpfte Informationen wie offene Angebote, letzte Aktivitäten oder Support-Tickets in einem übersichtlichen Layout dar.

Das Ergebnis ist eine Oberfläche, die intuitiv ist und den Nutzer aktiv durch die für ihn relevanten Informationen führt.

Schritt 5: Relevanz schaffen durch benutzerdefinierte Listenansichten

Der letzte Schritt betrifft die Modul-Übersichten. Anstelle der Standardansicht „Alle Firmen“ solltest Du für Deine Vertriebsmitarbeiter maßgeschneiderte Listenansichten erstellen. Diese Ansichten filtern die Daten nach relevanten Kriterien und zeigen nur die Spalten an, die für die jeweilige Aufgabe notwendig sind.

Beispiele für nützliche Listenansichten im Modul „Firmen“:

  • Meine A-Kunden: Filter: „Zuständiger Mitarbeiter“ ist „Aktueller Benutzer“ UND „Jahresumsatz“ > 50.000 €.
  • Anruf fällig: Filter: „Zuständiger Mitarbeiter“ ist „Aktueller Benutzer“ UND „Letzte Aktivität“ ist „älter als 60 Tage“.
  • Neue Leads: Filter: „Lead-Quelle“ ist NICHT leer UND „Erstellt am“ ist „diese Woche“.

Diese fokussierten Ansichten dienen als tägliche To-Do-Listen und helfen dem Vertrieb, seine Zeit effektiv zu nutzen.

Tipps und Best Practices

  • Datenqualität ist die Basis: Die besten Dashboards sind nutzlos, wenn die zugrundeliegenden Daten falsch oder unvollständig sind. Die Einführung der neuen Tools ist die perfekte Gelegenheit, um Prozesse zu etablieren, die eine saubere Dateneingabe sicherstellen – zum Beispiel die verbindliche Nutzung des Angebotsmoduls im CRM.
  • Externe Daten anbinden: Oft liegen wichtige Daten in anderen Systemen, wie dem ERP. Nutze die Zoho APIs oder eine Integrationsplattform wie Zoho Flow, um fehlende Informationen (z.B. Einkaufspreise zur Margenberechnung) automatisiert ins CRM zu übertragen. Ein API-Aufruf an das ERP könnte konzeptionell so aussehen:
    
    // Konzeptionelles Beispiel für eine API-Anbindung via Deluge
    // Ruft den Einkaufspreis eines Produkts aus einem externen ERP-System ab
    
    erp_api_endpoint = "https://api.mein-erp.de/v1/products/" + productId;
    headers = {"Authorization":"Bearer YOUR_API_KEY"};
    params = {};
    
    // API-Aufruf an das externe System
    erp_response = invokeurl
    [
    	url :erp_api_endpoint
    	type :GET
    	headers:headers
    	detailed:true
    ];
    
    // Antwort verarbeiten und Einkaufspreis extrahieren
    if(erp_response.get("responsecode") == 200)
    {
    	product_data = erp_response.get("content").toJSON();
    	purchase_price = product_data.get("purchase_price");
    	
    	// Den Preis nun im Zoho CRM oder Zoho Books Datensatz aktualisieren
    	update_map = Map();
    	update_map.put("Einkaufspreis", purchase_price);
    	update_response = zoho.crm.updateRecord("Products", productId, update_map);
    	info update_response;
    }
        
  • Weniger ist mehr: Widerstehe der Versuchung, mehrere Layouts für verschiedene Teams zu erstellen. Das erhöht die Komplexität und den Wartungsaufwand enorm. Ein sauberes Standard-Layout, kombiniert mit der Flexibilität von Canvas Views und bedingten Layout-Regeln, ist in 95% der Fälle die bessere Lösung.
  • Akzeptanz ist ein Prozess: Die technische Umsetzung ist nur die halbe Miete. Begleite die Einführung mit Schulungen, hole Feedback ein und zeige kontinuierlich den Nutzen auf. Wenn das Management das System aktiv vorlebt, folgt auch das Team.

Fazit

Die Akzeptanz eines CRM-Systems wird nicht durch Zwang erreicht, sondern indem man es für den einzelnen Mitarbeiter unverzichtbar macht. Die hier vorgestellte Methode verwandelt Dein Zoho CRM von einem passiven Datencontainer in ein intelligentes, proaktives Vertriebs-Cockpit. Durch die Kombination von tiefgehenden Einblicken aus Zoho Analytics mit einer herausragenden Benutzererfahrung durch Canvas Views schaffst Du einen echten Mehrwert. Dein Vertriebsteam erhält nicht nur Daten, sondern Antworten und kann sich auf das konzentrieren, was es am besten kann: verkaufen. Dieser Ansatz zeigt eindrucksvoll, wie die intelligente Verknüpfung verschiedener Zoho-Anwendungen zu einer Lösung führt, die weit mehr ist als die Summe ihrer Teile.

Verwendete Zoho Apps: Zoho CRM, Zoho Analytics, konzeptionell Zoho Flow und Zoho DataPrep.