Komplexe Bonus-Logik abbilden mit Zoho Analytics, Creator und Flow Tutorial

  • Beitrags-Autor:

Vom SAP-Chaos zum smarten Sales-Dashboard: Komplexe Bonus-Regeln in Zoho Analytics abbilden

Wenn Du ein leistungsfähiges ERP-System wie SAP im Einsatz hast, kennst Du die Situation: Die Kerndaten Deines Unternehmens sind dort sicher und strukturiert abgelegt. Doch für flexible, schnelle und motivierende Auswertungen – insbesondere im Vertrieb – stößt ein starres ERP schnell an seine Grenzen. Hier kommt das Zoho-Ökosystem ins Spiel. Oft besteht die Herausforderung darin, nicht nur Daten zu visualisieren, sondern komplexe, sich ändernde Geschäftslogiken abzubilden, die im Quellsystem nicht vorgesehen sind. Ein klassisches Beispiel ist ein Vertriebswettbewerb, bei dem Boni nicht auf Umsatz, sondern auf der Stückzahl verkaufter Hauptprodukte basieren – Zubehör aber explizit ausgeschlossen werden soll. Dieser Artikel zeigt Dir einen praxisnahen Weg, wie Du solche anspruchsvollen Anforderungen mit einer cleveren Kombination aus Zoho Analytics, Zoho Creator und externen Datenquellen meisterst.

Praxisbeispiel: Die stückzahlbasierte Sales-Challenge

Stell Dir vor, Du arbeitest in einem Unternehmen, das hochwertige Investitionsgüter vertreibt, zum Beispiel Wellness-Anlagen, Spezialmaschinen oder Designermöbel. Neben diesen Hauptprodukten gibt es ein breites Sortiment an Zubehör – von Ersatzteilen über Pflegemittel bis hin zu kleineren Ergänzungsprodukten.

Die Vertriebsleitung startet eine Sales-Challenge, um den Verkauf der Hauptprodukte anzukurbeln. Die Regel: Jeder Verkäufer erhält am Ende des Monats einen fixen Bonus für jedes verkaufte Hauptprodukt. Der Umsatz spielt dabei keine Rolle, nur die reine Stückzahl zählt. Das Problem: Die Auftragsdaten kommen direkt aus einem SAP-System und werden in Zoho Analytics synchronisiert. In diesen Daten gibt es jedoch kein sauberes Feld, das ein Hauptprodukt von einem Zubehörteil unterscheidet. Produktbezeichnungen sind oft inkonsistent und eine manuelle Zuordnung tausender Auftragspositionen ist keine Option. Wie also baust Du ein Dashboard, das automatisch und zuverlässig die korrekten Stückzahlen für den Bonus-Wettbewerb zählt?

Schritt-für-Schritt Anleitung zur Lösung

Wir lösen dieses Problem, indem wir eine eigene Geschäftslogik außerhalb des ERPs definieren und diese auf unsere Zoho-Daten anwenden. Der Weg führt von der Datenintegration über eine pragmatische Regeldefinition bis zur technischen Umsetzung mit Custom Functions und der Visualisierung im Dashboard.

Schritt 1: Datenbasis schaffen – Von SAP nach Zoho Analytics

Zuerst müssen die relevanten Auftragsdaten aus SAP in Zoho Analytics verfügbar sein. Hierfür gibt es mehrere Wege:

  • Manuelle Exporte/Importe: Die einfachste, aber nicht nachhaltigste Methode. Du exportierst regelmäßig CSV-Dateien aus SAP und importierst sie in eine Tabelle in Zoho Analytics.
  • ETL-Tools & Middleware: Werkzeuge wie Zoho Flow oder spezialisierte Drittanbieter-Konnektoren können eine Brücke zwischen der SAP-Datenbank und Zoho Analytics schlagen.
  • API-Integration: Der robusteste Weg. Dein Entwicklerteam kann eine direkte Anbindung über die Zoho Analytics API realisieren. Dabei werden Daten aus SAP gelesen und per POST-Request an eine Tabelle in Zoho Analytics gesendet. Dies ermöglicht eine quasi-Echtzeit-Synchronisation.

Für unser Beispiel gehen wir davon aus, dass die Auftragsdaten (Auftragsnummer, Verkäufer, Produkttitel, Auftragswert, Datum) bereits in einer Tabelle in Zoho Analytics landen.

Schritt 2: Das Problem identifizieren – Inkonsistente Daten

In den Rohdaten sehen wir das Dilemma. Wir finden Einträge wie:

  • „Außensauna Modell Stockholm“
  • „Handgefertigte Sauna Fichte“
  • „Steuerung für Sauna“
  • „Poolabdeckung Thermo-Safe“
  • „Motor für Gegenstromanlage V2“

Ein einfacher Filter auf das Wort „Sauna“ würde die Steuerung fälschlicherweise als Hauptprodukt zählen. Eine reine Unterscheidung nach Produktnamen ist also zu fehleranfällig.

Schritt 3: Die Lösungsstrategie – Ein pragmatischer Schwellenwert

Da eine saubere Kategorisierung im Quellsystem fehlt, müssen wir eine eigene Regel definieren. Eine bewährte Methode für solche Fälle ist ein preisbasierter Schwellenwert. Nach Rücksprache mit dem Vertrieb einigen wir uns auf eine einfache, aber wirkungsvolle Logik:

Alle Auftragspositionen mit einem Wert unter 5.000 € werden als „Zubehör“ klassifiziert. Alles darüber gilt als „Hauptprodukt“.

Diese Regel ist nicht perfekt – ein stark rabattiertes Ausstellungsstück könnte fälschlicherweise als Zubehör durchrutschen. Für den Start ist es aber ein 80/20-Ansatz, der die große Mehrheit der Fälle korrekt abdeckt und den manuellen Aufwand drastisch reduziert.

Schritt 4: Implementierung der Logik mit einer Custom Function in Zoho Creator

Wo implementieren wir diese Logik? Direkt in Zoho Analytics mit Formeln ist eine Option, aber für mehr Flexibilität und Skalierbarkeit lagern wir die Logik in eine Deluge-Funktion in Zoho Creator aus. Das macht die Logik zentral wartbar und wiederverwendbar.

Wir erstellen in Zoho Creator eine neue Funktion, z.B. mit dem Namen `kategorisiereProdukt`. Diese Funktion nimmt den Produktnamen und den Preis als Input und gibt eine saubere Kategorie zurück.


// Deluge Script in Zoho Creator
// Funktion: kategorisiereProdukt
//
// @param produktName (string) - Der Name des Produkts aus dem Auftrag
// @param preis (decimal) - Der Preis der Auftragsposition
// @return kategorie (string) - Die ermittelte Produktkategorie

string kategorisiereProdukt(string produktName, decimal preis)
{
    // Definiere den Schwellenwert für Hauptprodukte
    schwellenwert = 5000.00;

    // Standardkategorie ist Zubehör
    kategorie = "Zubehör";

    // Prüfe, ob der Preis über dem Schwellenwert liegt
    if (preis >= schwellenwert)
    {
        kategorie = "Hauptprodukt";
        
        // Optionale Verfeinerung: Versuche, den Typ des Hauptprodukts zu erkennen
        if (produktName.containsIgnoreCase("Außensauna"))
        {
            kategorie = "Hauptprodukt - Außensauna";
        }
        else if (produktName.containsIgnoreCase("Innensauna") || produktName.containsIgnoreCase("Sauna"))
        {
            kategorie = "Hauptprodukt - Innensauna";
        }
        else if (produktName.containsIgnoreCase("Pool") || produktName.containsIgnoreCase("Whirlpool"))
        {
            kategorie = "Hauptprodukt - Pool";
        }
    }
    else
    {
        // Optionale Verfeinerung für Zubehör basierend auf Lieferant/Marke
        if (produktName.containsIgnoreCase("Marke A") || produktName.containsIgnoreCase("Lieferant X"))
        {
            kategorie = "Zubehör - Linie A";
        }
        else if (produktName.containsIgnoreCase("Marke B") || produktName.containsIgnoreCase("Lieferant Y"))
        {
            kategorie = "Zubehör - Linie B";
        }
    }
    
    // Gib die finale Kategorie zurück
    return kategorie;
}

Schritt 5: Datenanreicherung via Webhook und Zoho Flow

Nun müssen wir diese Funktion auf unsere Daten anwenden. Ein eleganter Weg ist es, einen Workflow zu nutzen, der immer dann ausgelöst wird, wenn ein neuer Datensatz von SAP in Zoho Analytics ankommt. Zoho Flow ist hierfür das perfekte Werkzeug.

  1. Trigger in Zoho Flow: „Neuer Datensatz in einer Tabelle in Zoho Analytics“. Wir wählen unsere SAP-Auftragstabelle aus.
  2. Action in Zoho Flow: „Funktion in Zoho Creator aufrufen“. Hier verbinden wir uns mit unserer Creator-App und rufen die `kategorisiereProdukt`-Funktion auf. Als Parameter übergeben wir den Produktnamen und den Preis aus dem Trigger-Datensatz.
  3. Weitere Action in Zoho Flow: „Zeile in Zoho Analytics aktualisieren“. Das Ergebnis der Creator-Funktion (die neue Kategorie) schreiben wir in eine neue, dafür vorgesehene Spalte in unserer Analytics-Tabelle, z.B. `Smarte_Kategorie`.

Dieser Flow läuft nun automatisch für jeden neuen Auftrag und reichert unsere Rohdaten mit einer sauberen, logikbasierten Kategorie an.

Schritt 6: Das finale Dashboard in Zoho Analytics bauen

Mit der neuen Spalte `Smarte_Kategorie` ist der Bau des Dashboards ein Kinderspiel.

  1. Öffne Zoho Analytics und erstelle einen neuen Bericht (Chart).
  2. Wähle als Typ ein „Balkendiagramm“.
  3. X-Achse: Name des Verkäufers.
  4. Y-Achse: Auftrags-ID (wähle als Aggregation „Anzahl eindeutig“).
  5. Filter: Ziehe das Feld `Smarte_Kategorie` in den Filterbereich und wähle alle Werte aus, die mit „Hauptprodukt“ beginnen. Schließe „Zubehör“ aus.
  6. Benutzerfilter: Füge einen Benutzerfilter für den Zeitraum (z.B. aktueller Monat) hinzu.

Das Ergebnis ist ein klares Ranking, das jedem Verkäufer genau die Anzahl der verkauften, bonusrelevanten Hauptprodukte anzeigt. Dieses Widget kannst Du nun in ein größeres Sales-Dashboard integrieren, das vielleicht auch Umsatz-KPIs oder andere Metriken enthält.

Tipps und Best Practices

  • Datenqualität an der Quelle beheben: Die beste Lösung ist immer, die Datenqualität direkt im Quellsystem (SAP) zu verbessern. Sprich mit den verantwortlichen Teams, um zu prüfen, ob Produktkategorien dort gepflegt werden können. Die hier gezeigte Lösung ist ein mächtiger Workaround, aber kein Ersatz für saubere Stammdaten.
  • Lösung skalierbar machen: Statt die Logik hart in der Deluge-Funktion zu codieren, könntest Du die Regeln (z.B. Keywords für Kategorien) in einer separaten Tabelle in Zoho Tables oder Zoho Creator ablegen. So kann das Fachteam die Regeln pflegen, ohne den Code anfassen zu müssen.
  • Ausnahmen behandeln: Für die Ausnahmefälle (z.B. rabattiertes Ausstellungsstück unter 5.000 €) könntest Du im Zoho CRM eine Checkbox „Ist Hauptprodukt (manuelle Korrektur)“ einfügen. Deine Deluge-Funktion kann dann zuerst diese Checkbox prüfen, bevor die Preislogik greift.
  • Kommunikation automatisieren: Nutze die Automatisierungsmöglichkeiten weiter. Sende wöchentliche Updates des Rankings per E-Mail aus Zoho Analytics oder poste die Top 3 Verkäufer automatisch in einen Zoho Cliq Channel.
  • Manuelle Aufträge erfassen: Falls manche Aufträge nicht über SAP laufen, kannst Du ein Zoho Forms Formular erstellen, das die Daten direkt und strukturiert in dieselbe Zoho Analytics Tabelle schreibt und so die Datenbasis konsolidiert.

Fazit: Mehr als nur Dashboards

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass die Stärke von Zoho nicht nur in den einzelnen Apps liegt, sondern in ihrer nahtlosen Kombination. Wir haben einen starren Datenexport aus einem externen System (SAP) genommen und ihn durch die Orchestrierung mit Zoho Flow und die intelligente Logik von Zoho Creator in eine dynamische, wertvolle Entscheidungsgrundlage verwandelt. Das finale Dashboard in Zoho Analytics ist nur die Spitze des Eisbergs. Die eigentliche Magie passiert in der cleveren Automatisierung im Hintergrund.

Die Umsetzung einer solchen Lösung erfordert ein Umdenken: Weg von der reinen Visualisierung vorhandener Daten, hin zur aktiven Gestaltung und Anreicherung von Datenströmen, um komplexe Geschäftsfragen zu beantworten. Genau hier entfaltet das Zoho-Ökosystem sein volles Potenzial.


Verwendete Zoho Apps in dieser Lösung:

  • Zoho Analytics: Für die Datenspeicherung, -verarbeitung und die finale Visualisierung im Dashboard.
  • Zoho Creator: Als „Gehirn“ der Lösung, um die benutzerdefinierte Geschäftslogik in Deluge zu implementieren.
  • Zoho Flow: Als „Dirigent“, der die verschiedenen Apps und Prozesse miteinander verbindet und den Datenfluss automatisiert.
  • Erwähnte Erweiterungen: Zoho CRM, Zoho Tables, Zoho Cliq, Zoho Forms.