Vom Deal zum Angebot: So optimierst du deinen Vertriebsprozess mit Zoho CRM, Zoho Books und cleveren Integrationen
Die Erstellung von Angeboten ist ein kritischer Punkt in jedem Vertriebsprozess. Hier entscheidet sich oft, ob aus einem Interessenten ein Kunde wird. Doch gerade in diesem Prozess lauern viele Fallstricke: manuelle Datenübertragung, inkonsistente Preisgestaltung und ein Medienbruch zwischen Vertriebs- und Buchhaltungssystem. Wenn du Zoho CRM und Zoho Books nutzt, hast du bereits zwei mächtige Werkzeuge an der Hand. Die wahre Stärke entfaltet sich jedoch erst, wenn du sie intelligent miteinander verknüpfst und um externe Anbindungen erweiterst. Dieser Artikel zeigt dir einen praxiserprobten Workflow, wie du deinen Angebotsprozess nicht nur beschleunigst, sondern auch robuster, flexibler und transparenter gestaltest. Wir gehen dabei tief in die Technik, schauen uns Deluge-Skripte an und denken über den Tellerrand von Zoho hinaus.
Das Praxisbeispiel: Individuelle Angebote für B2C-Kunden
Stell dir ein Unternehmen vor, das Dienstleistungen oder Produkte an Endkunden verkauft. Die Herausforderung: Jeder Kunde ist anders, und die Preise sind oft individuell verhandelt. Es gibt keine festen Preislisten. Ein typischer Ablauf könnte so aussehen:
- Ein Vertriebsmitarbeiter erfasst einen neuen potenziellen Abschluss (Deal) im Zoho CRM.
- Für das Angebot müssen nun Produkte und Dienstleistungen zusammengestellt werden. Einige davon sind Standardartikel, andere sind komplett individuelle Positionen, die es so im System noch nicht gibt.
- Die Preise werden oft als Bruttopreise vereinbart, das Buchhaltungssystem rechnet aber intern mit Nettopreisen.
- Das Unternehmen hat eine rechtliche Verpflichtung, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam in den Vertrag einzubinden – eine besondere Hürde im B2C-Geschäft, vor allem bei älterer Kundschaft ohne digitalen Zugang.
- Nach dem Versand des Angebots soll der Status im CRM-Deal automatisch aktualisiert werden, um den Überblick zu behalten.
Dieses Szenario zeigt, dass ein starrer Standardprozess schnell an seine Grenzen stößt. Gefragt ist eine flexible Lösung, die sowohl die Effizienz durch Automatisierung steigert als auch manuelle, individuelle Anpassungen an den richtigen Stellen erlaubt.
Schritt-für-Schritt: Dein Workflow vom CRM zum fertigen Angebot
Der Schlüssel zu einem sauberen Prozess liegt darin, eine klare „Single Source of Truth“ zu definieren und den Datenfluss logisch zu gestalten. Der empfohlene Standard-Workflow beginnt immer im CRM.
1. Der Ausgangspunkt: Der Deal im Zoho CRM
Jeder ernsthafte Verkaufsprozess beginnt mit einem Deal (im Deutschen oft „Abschluss“ oder „Potenzial“ genannt) in deinem Zoho CRM. Hier sammelst du alle relevanten Informationen zum Kunden und dem potenziellen Geschäft. Anstatt nun ein separates Programm zu öffnen, bleibst du direkt im Deal. Dies ist der wichtigste Grundsatz: Der Deal im CRM ist der Ankerpunkt für alle finanzbezogenen Dokumente.
2. Das Angebot in Zoho Books erstellen
Innerhalb des Deal-Datensatzes im CRM findest du links im Menü den Bereich „Finanzen“ (oder „Buchhaltung“, je nach Konfiguration). Wenn du hier auf „Angebote“ klickst und „Neu“ wählst, passiert die erste wichtige Verknüpfung: Zoho Books öffnet eine neue Angebotsmaske, die aber bereits automatisch mit dem Kunden und dem Deal aus dem CRM verknüpft ist. Du musst keine Adressdaten mehr kopieren. Dieser Weg stellt sicher, dass das Angebot immer dem richtigen Deal zugeordnet ist, was für spätere Auswertungen in Zoho Analytics unerlässlich ist.
3. Umgang mit individuellen Preisen und nicht gelisteten Artikeln
Jetzt kommt der Punkt, an dem die Praxis oft von der Theorie abweicht. Was tust du, wenn der vereinbarte Preis nicht dem im System hinterlegten Stammdatenpreis entspricht?
- Trick für Bruttopreise: Wenn du mit dem Kunden einen Bruttopreis von z.B. 119 € vereinbart hast, dein System aber den Nettopreis benötigt, musst du nicht den Taschenrechner zücken. Gib einfach
119 / 1.19
direkt in das Preisfeld des Artikels ein. Zoho Books berechnet den Nettopreis (100 €) automatisch. - Nicht-standardisierte Artikel: Nicht jeder Auftrag passt in ein festes Schema. Für eine einmalige Dienstleistung oder ein Sonderprodukt musst du keinen neuen Artikel in den Stammdaten anlegen. Erstelle stattdessen direkt im Angebot eine manuelle Position. Du kannst die Beschreibung, den Preis und die Menge frei eintragen. Das gibt dir die nötige Flexibilität, ohne deine Stammdaten mit Einmal-Artikeln zu „vermüllen“.
4. Rabatte flexibel gewähren
Rabatte sind ein zentrales Instrument im Vertrieb. Zoho Books bietet hier zwei elegante Wege:
- Positionsrabatt: Du kannst für jeden einzelnen Artikel im Angebot einen Rabatt in Prozent (%) oder als festen Euro-Betrag (€) vergeben. Die Rabattspalte wird in der PDF-Vorlage nur dann angezeigt, wenn auch tatsächlich ein Rabatt gewährt wird.
- Gesamtrabatt: Benötigst du einen Rabatt auf die gesamte Angebotssumme, ist der einfachste Workaround, eine neue, manuelle Artikelzeile zu erstellen. Nenne sie z.B. „Sondernachlass“ oder „Projektrabatt“ und gib den Rabattbetrag als negative Zahl im Preisfeld ein (z.B. -50.00).
5. Automatisierung mit Deluge: Deal-Status automatisch aktualisieren
Hier kommt die Magie ins Spiel. Manuelle Status-Updates sind fehleranfällig und werden oft vergessen. Wir wollen, dass der Deal-Status im CRM automatisch auf „Angebot versendet“ wechselt, sobald du das Angebot aus Zoho Books per E-Mail versendest. Dies erreichen wir mit einer einfachen Custom Function in Zoho Books, geschrieben in der Skriptsprache Deluge.
Gehe in Zoho Books zu Einstellungen > Automatisierung > Workflow-Regeln
und erstelle eine neue Regel für das Modul „Angebote“.
- Trigger: Wenn ein Angebot erstellt oder bearbeitet wird.
- Bedingung: Status ist „Gesendet“.
- Aktion: Custom Function ausführen.
Die Custom Function könnte so aussehen:
// Name der Custom Function: updateCrmDealStatus
// Argument: quoteId (ID des Angebots aus Zoho Books)
// Hole die Details des Angebots, um die verknüpfte CRM-Deal-ID zu finden
quoteDetails = zoho.books.getRecordsById("Quotes", "YOUR_ORGANIZATION_ID", quoteId);
if (quoteDetails.get("code") == 0)
{
crmDealId = quoteDetails.get("quote").get("crm_potential_id");
// Prüfe, ob eine Deal-ID vorhanden ist
if (crmDealId != null && crmDealId != "")
{
// Bereite die Daten für das Update im CRM vor
updateData = Map();
updateData.put("Stage", "Angebot versendet"); // WICHTIG: Verwende den exakten API-Namen deiner Deal-Phase
// Führe das Update im CRM-Modul "Deals" (Potentials) durch
// "zohocrm" ist der Name deiner Zoho CRM Connection
updateResponse = zoho.crm.updateRecord("Deals", crmDealId.toLong(), updateData, "zohocrm");
// Logge die Antwort für Debugging-Zwecke
info "CRM Update Response for Deal " + crmDealId + ": " + updateResponse;
}
else
{
info "Keine CRM Deal ID für Angebot " + quoteId + " gefunden. Kein Update durchgeführt.";
}
}
Diese Funktion holt sich die ID des verknüpften CRM-Deals aus dem Angebot und aktualisiert dann über die Zoho CRM API dessen Phase. Das spart nicht nur Zeit, sondern sorgt auch für eine lückenlose Prozessdokumentation.
Die Brücke nach außen: AGBs, Webhooks und APIs
Ein modernes System ist keine Insel. Die wahre Kraft liegt in der Fähigkeit, mit anderen Systemen und Anforderungen zu kommunizieren.
Die AGB-Herausforderung: Eine praxisnahe Lösung
Die rechtssichere Einbindung von AGBs ist, besonders im B2C-Bereich, komplex. Ein einfacher Link auf der Website reicht oft nicht aus, wenn Kunden nachweislich keinen Internetzugang haben. Anstatt die AGBs auf jede Angebots-PDF zu drucken (was Papier verschwendet und unprofessionell aussehen kann), hat sich ein hybrider Ansatz bewährt:
- Link auf dem Angebot: Platziere auf deiner Angebotsvorlage einen kurzen Text, der auf die AGBs auf deiner Website verweist (z.B. „Es gelten unsere AGB, einsehbar unter www.deine-firma.de/agb“). Hierfür kannst du eine Seite mit Zoho Sites erstellen und das Dokument dort hinterlegen.
- Physischer Anhang bei Bedarf: Für die Auftragsbestätigung, die den Vertragsschluss besiegelt, legst du bei kritischen Kundengruppen die AGBs weiterhin in gedruckter Form bei.
- Zukunftsfähige Lösung: Eine skalierbare und professionelle Lösung ist, dein offizielles Briefpapier auf der Rückseite mit den AGBs bedrucken zu lassen. So ist bei jedem versendeten Dokument die rechtliche Anforderung erfüllt.
Webhooks und APIs: Dein Zoho-System erweitern
Die Deluge-Funktion oben nutzt bereits die interne Zoho API. Du kannst diesen Gedanken aber weiterspinnen. Was, wenn nach dem Versand eines Angebots eine Aufgabe in deinem Projektmanagement-Tool (z.B. Zoho Projects, Trello, Asana) erstellt werden soll? Oder eine Nachricht in einem Zoho Cliq Kanal gepostet werden muss?
Hierfür eignen sich Webhooks. Ein Webhook ist eine einfache HTTP-Anfrage, die von einem System (z.B. Zoho Books) an ein anderes gesendet wird, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt. Du kannst die obige Deluge-Funktion ganz einfach erweitern, um einen Webhook auszulösen.
// ... (Teil der Funktion von oben) ...
// Nachdem der Deal aktualisiert wurde, sende eine Info an ein externes System
if (updateResponse.get("details").get("status") == "success")
{
// Daten für den Webhook vorbereiten
webhookPayload = Map();
webhookPayload.put("customer_name", quoteDetails.get("quote").get("customer_name"));
webhookPayload.put("quote_number", quoteDetails.get("quote").get("quote_number"));
webhookPayload.put("total", quoteDetails.get("quote").get("total"));
// URL deines externen Dienstes (z.B. Zapier, Make oder eine eigene API)
webhookUrl = "https://hooks.example.com/your-unique-webhook-url";
// Sende die Daten via POST-Request
response = invokeurl
[
url :webhookUrl
type :POST
parameters:webhookPayload.toString()
];
info "Webhook Response: " + response;
}
Für komplexere, code-freie Automatisierungen zwischen hunderten von Apps (sowohl Zoho als auch Drittanbieter wie Microsoft 365, Google Workspace oder Slack) ist Zoho Flow das Werkzeug der Wahl. Es fungiert als zentrale Datendrehscheibe für deine Automatisierungen.
Tipps und Best Practices für einen reibungslosen Prozess
- Datenqualität in den Stammdaten: Auch wenn du flexibel sein kannst, ist die Pflege deiner Artikelstammdaten in Zoho Books entscheidend. Gute Beschreibungen sparen bei jedem Angebot Zeit. Plane regelmäßige Überprüfungen ein.
- Klare Benutzerrollen: Definiere, wer was darf. Standard-Anwender sollten Angebote ausschließlich über den Weg im Zoho CRM erstellen. Der direkte Zugriff auf Zoho Books sollte Power-Usern und Admins vorbehalten sein, die Stammdaten pflegen oder komplexe Konfigurationen vornehmen.
- Achte auf das Design: Eine Angebotsvorlage ist deine Visitenkarte. Achte auf Lesbarkeit. Ein praktisches Beispiel: Eine graue Schriftart für die Artikelbeschreibung mag modern aussehen, ist aber für ältere Kunden schwer zu lesen. Ändere die Schriftfarbe in den Vorlagen auf reines Schwarz. Kleine Details machen einen großen Unterschied.
- Kontinuierliche Optimierung: Beginne mit diesem grundlegenden Workflow. Nutze ihn einige Wochen und sammle Feedback von deinem Team. Identifiziere weitere manuelle Schritte, die du schrittweise automatisieren kannst. Vielleicht ist der nächste Schritt die automatische Erstellung einer Rechnung aus einer akzeptierten Auftragsbestätigung.
Fazit: Mehr als nur ein Angebot
Die hier beschriebene Vorgehensweise ist mehr als nur eine Anleitung zur Angebotserstellung. Sie ist ein Beispiel für eine prozessorientierte Denkweise, bei der verschiedene spezialisierte Anwendungen wie Zoho CRM und Zoho Books zu einem nahtlosen System verschmelzen. Durch die gezielte Nutzung von Automatisierungsfunktionen wie Deluge-Skripten und der Anbindung an externe Systeme über APIs und Webhooks schaffst du einen robusten und skalierbaren Prozess.
Du reduzierst nicht nur den manuellen Aufwand und die Fehlerquote, sondern erhöhst auch die Transparenz und Professionalität deines gesamten Vertriebszyklus. Die Investition in die Einrichtung eines solchen Workflows zahlt sich durch Zeitersparnis, bessere Datenqualität und letztlich zufriedenere Kunden und Mitarbeiter aus.
Verwendete Zoho Apps in diesem Artikel:
- Zoho CRM: Zur Verwaltung von Kundenbeziehungen und Vertriebs-Deals.
- Zoho Books: Für die Erstellung von Angeboten, Aufträgen und Rechnungen.
- Zoho Flow (optional): Für code-freie Automatisierungen über App-Grenzen hinweg.
- Zoho Analytics (implizit): Profitiert von der sauberen Datenverknüpfung für aussagekräftige Berichte.